Zu den Tittie-Talks: Wie kam die Idee dazu?
Unsere beiden Gründerinnen, Rhea Seehaus und Lena Gerst, sind in Zeiten von Corona an Brustkrebs erkrankt. Durch die Kontaktbeschränkungen gab es kaum Möglichkeiten, sich persönlich in Selbsthilfegruppen auszutauschen. Beide waren auf Instagram aktiv, haben sich auf der Suche nach Gleichgesinnten dort kennengelernt und irgendwann gesagt: „Uns fehlt ein Angebot für Brustkrebspatient*innen und für die Kommunikation unter "Gleichgesinnten". Da kam die Idee, ein digitales Format zu entwickeln und dort andere Betroffene, die Austausch suchen und erkrankt sind, auch in Zeiten von Corona zusammenzubringen.
Jetzt ist es über Corona hinaus beim Online-Format geblieben, wo seht ihr die Vorteile?
Einige in unserer Community sind junge Mütter, wie ich zum Beispiel. Ich habe eben nicht die Möglichkeit oder die Zeit, ständig irgendwo herumzufahren, da ist ein Austausch von zuhause aus eher möglich. Steckt man mitten in der Akuttherapie, will man sich einfach auch vor Infektionen schützen und hat eventuell einfach nicht die Kraft, rauszugehen. Dafür ist das Online-Format wirklich praktisch. Außerdem, egal wie fertig und abgeranzt du aussiehst, du kannst dich abends zu den Tittie-Talks einwählen und sie einfach miterleben oder dich austauschen. Es ist nicht so anonym wie chatten, sondern du siehst die Leute trotzdem face-to-face, das hat dann doch nochmal eine andere Note. Ein persönlicher Austausch in einem geschützten Rahmen. Uns ist wichtig, dass wir unter uns sind und das gemütlich von zuhause, ohne in den Bus oder ins Auto steigen zu müssen. Quasi von der Couch aus mitten ins Leben.
Was ist das Ziel der Tittie-Talks?
Ziel der Tittie-Talks ist, dass Erkrankte erkennen, dass sie nicht allein sind. Wir sind auch Teil der Gesellschaft und man muss sich nicht verschließen vor der Welt. Wir sind - leider - viele. Es ist trotzdem ein schönes Gefühl zu wissen, dass es eine Gemeinschaft gibt und es überall Buusenfreund*innen gibt, die mitfühlen und genau verstehen, was in einem vorgeht. Wir sind eine Solidargemeinschaft, die sich gegenseitig stärkt und unterstützt.
Wie laufen die Tittie-Talks ab?
Also um 20 Uhr wird alles freigeschaltet. Wenn man sich vorher anmeldet, bekommt man die Einwahlinformationen, mit denen man sich zuschalten kann. Dann kommt man auf eine Plattform, die mich ein bisschen an “die Sims” erinnert. Man ist quasi in einer virtuellen Welt und kann bestimmte Themenräume auswählen. Die wechseln von Mal zu Mal. Dann hat man links oben zum Beispiel das Thema: „Leben mit metastasiertem Brustkrebs, was nun?“ Und in der Mitte vielleicht das Thema: „OP-Möglichkeiten nach Brustkrebs?“ Und dann rechts wieder eine andere Rubrik, etwa so was wie: „Leben mit der Antihormontherapie“. Es gibt immer 4-5 wechselnde Themen und die feste Rubrik: „In der Küche feiern wir die besten Partys!“ wo man sich zu allem, was einem gerade in den Sinn kommt, austauschen kann.
Und dann geht es los?
Der Start wird immer von zwei Mitgliedern aus dem Buusenkollektiv moderiert. Die erzählen dann was zu den Themen und wie alles funktioniert. Los geht es mit einem oder zwei Kennenlernspielen. Dabei stellt man sich in kleineren Gruppen, meist zu dritt oder viert, gegenseitig Fragen, um sich ein bisschen besser kennenzulernen. Danach kann man sich frei in diesem virtuellen Raum bewegen, die Räume besuchen, die einen thematisch interessieren und sich dort austauschen. Man kann aber auch komplett still sein, also die Kamera- und Mikrofunktion ausschalten und sich einfach nur berieseln lassen. All das ist möglich. Alles kann, nichts muss, ganz getreu dem Motto: „Die Tittie-Talks sind das, was ihr daraus macht“.
Werden die einzelnen Gruppen moderiert?
Wir gucken, dass wir die Gruppenräume begleiten, ist aber nicht unbedingt ein Muss. Wir sind ja selbst auch Betroffene und dann kann es auch mal vorkommen, dass wir mal alle in einem Raum sind. Es gibt auch moderierte Runden, wenn wir Expert*innen ein laden. Grundsätzlich schauen wir als Mitglieder des Buusenkollektivs schon immer in alle Räume und moderieren, falls nötig auch, aber es ist alles sehr frei.
Gibt es Themen, die immer wieder kommen bei den Tittie-Talks?
Ja, das Thema „Operationen“ hatten wir jetzt schon mehrfach, genauso wie das Thema „Metastasierter Brustkrebs“, weil das leider viele betrifft und es immer wieder Fragen dazu gibt. Wir versuchen immer wieder andere Schwerpunkte zu setzen und neue Themen anzusprechen. Wiederholungen gibt es, weil wir auf die Bedürfnisse der Teilnehmer*innen reagieren, die über Mail oder Social Media bestimmte Themen nachfragen.