Kennst du schon den Kurs:

"Selbst wirksam bei Krebs"?

Eine Krebsdiagnose bedeutet immer auch einen Kontrollverlust. Das Gefühl, dass man seinen Alltag, den eigenen Körper, seine Zukunft, kurz das eigene Leben im Griff hat, scheint ausgehebelt und zurück bleibt Orientierungslosigkeit. Das eigene Schicksal liegt in den Händen von medizinischen Behandelnden und der Willkür der Krankheit und lässt einen erstmal verloren zurück. Dass sich das negativ auf die Psyche und letztlich die Lebensqualität der Betroffenen auswirkt, ist zwar nicht überraschend, sollte aber unbedingt erwähnt werden, weil es meist schnell im Strudel von Diagnosen, Untersuchungen und Behandlungen in den Hintergrund rückt. Dabei sind das Wohlbefinden und die Krankheitsverarbeitung, also der Umgang mit der Krankheit, wichtige Faktoren für ihre Bewältigung.

Tatsächlich zeigen Studien, dass die ersten Monate nach der Diagnose am kritischsten für Selbstwirksamkeit (= die Überzeugung schwierige Situationen aus eigener Kraft meistern zu können) und Lebensqualität sind. Beides wiederum zieht aber einen ganzen Rattenschwanz nach sich: Denn, wenn es mir nicht gut geht, habe ich vielleicht nicht die Kraft, mich gut um mich und auch nicht um meine Therapie zu kümmern. Wenn ich denke, dass ich ohnehin nichts ausrichten oder kontrollieren kann, wieso sollte ich dann etwas machen? Studien zeigen aber auch, dass Menschen mit Krebserkrankung selbst einen großen Anteil an der eigenen Therapie haben, zum Beispiel bei der Kontrolle von Nebenwirkungen. Kurz gesagt, alles hängt zusammen: Ein größeres Gefühl der Selbstwirksamkeit, bringt Kontrolle zurück und führt damit zu einer höheren Lebensqualität im Krankheitsverlauf.

Für alle, die nach der Diagnose erst einmal diesen Kontrollverlust erleben, gibt es gute Nachrichten: Selbstwirksamkeit kann (wieder)erlernt werden. Damit das gelingt, braucht es aber manchmal ein wenig Hilfe, denn es ist nicht immer leicht, sich im Wust der Informationen und Desinformationen rund um Krebs zurechtzufinden.

Genau hier setzt der Kurs „Selbst wirksam“ der Apothekerin Anna-Lena Becker von der MediosApotheke in Berlin an. Sie hat einen online Kurs geschaffen, der Patient*innen auf ihrem Weg hilft, herauszufinden, was sie selbst für sich tun können, wenn bei ihnen eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde und wo sie sich hinwenden können, wenn sie noch mehr Unterstützung benötigen.

Anna-Lena, wie bist du auf die Idee mit dem Kurs gekommen?

Auf die Idee gekommen bin ich, weil durch unseren Onkologie-Schwerpunkt Patient*innen mit Krebserkrankungen zu uns in die Apotheke kommen, zur Beratung oder auch einfach, weil sie ein Medikament abholen wollen und dann kommt oft die Frage: „Was kann ich eigentlich noch machen?“. Häufig geht es bei der Frage darum, was man noch begleitend zur Therapie machen kann, zur allgemeinen Stärkung oder gegen Nebenwirkungen. Häufig denken Patient*innen dabei an Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate. Die gibt es bei uns natürlich und sie haben auch ihre Berechtigung, sollten aber nur mit individueller Beratung und Blutuntersuchung einhergehen, um auf die Patient*innen abgestimmt zu sein. Mir war es aber ein Anliegen das Ganzheitliche aufzunehmen, das für alle Patient*innen nützlich ist.

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"Meist hängt mehr mit den Themen zusammen. "

Was verstehst du darunter?

Ich finde es immer wichtig das Ganze zu betrachten und nicht einfach nur was abzugeben und damit das Gespräch zu beenden. Meist hängt mehr mit den Themen zusammen. Kann man auch bei einer einfachen Erkältung sehen: Natürlich kann ich nur das Nasenspray abgeben, aber ich kann auch schauen, wie ich den Körper auf ganzheitliche Art und Weise, wissenschaftlich fundiert, unterstützen kann. Deswegen lohnt es, sich mit den drei Säulen Ernährung, körperliche Aktivität und mentalem Ausgleich während der Krebserkrankung und -therapie auseinanderzusetzen.

Warum diese drei?

Zu deren Nutzen gibt es ein solides wissenschaftliches Fundament. Das lässt sich aber nicht einfach in einem Gespräch alles erklären. Es macht keinen Sinn zu sagen: „Jetzt bewegen sie sich erstmal ganz viel und essen sie richtig“. Dafür sind die Themen zu umfangreich: da kommt man über Ernährungsmythen zu den individuellen Themen, ob es Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme ist.

Woher kam das Interesse an daran?

Ich habe vor einigen Jahren die Zertifikatsfortbildung zur integrativen Onkologie gemacht. Dieser Bereich interessiert mich sehr stark: evidenzbasiert (°auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse) zu schauen, was hilft. Da spielen diese drei Säulen aus dem Lebensstilbereich eine zentrale Rolle. Das kann ich aber auf die Schnelle nicht an die Patient*innen herantragen und erreiche sie dann auch nicht damit. Wenn jemand sich gerade nicht gut fühlt, total erschöpft ist, absolut keinen Appetit hat und unter Nebenwirkungen, wie Übelkeit leidet und man sagt dann ganz salopp: „Ernährung ist jetzt ganz besonders wichtig“, dann kann das komplett kontraproduktiv sein oder unnötig unter Druck setzen.

Icon Lotse

"Wir können grundlegende Informationen geben und lotsen."

Ernährung, Bewegung und mentaler Ausgleich, sind ja nicht die Themen, die man bei einer Beratung in der Apotheke erwartet. Wie bist du darauf gekommen dich hierauf zu konzentrieren?

Für mich ist das mittlerweile normal, aber wir merken immer wieder, dass Patient*innen gar nicht erwarten, dass wir auch in diese Richtung beraten können. Der erste Grund ist sicher meine persönliche Leidenschaft für diese Themen. Außerdem ist in unserer Apotheke ein wichtiger Ansatz die Prävention. Dabei spielen diese drei Themen eine große Rolle. Wir wissen mittlerweile immer mehr darüber, wie diese großen Themen, wie Ernährung, gerade bei Krebs unterstützend wirken, ob vor, während oder nach der Erkrankung. Bei der Beratung gibt es aber natürlich auch Grenzen.

Wie meinst du das?

Es ist wichtig, dass man seine Expertise nicht überschreitet und zu weit in Bereiche vordringt, für die man nicht die geeignete Ausbildung hat. Ich sage auch im Kurs an mehreren Stellen: ich bin keine Ernährungstherapeutin, Physiotherapeutin oder Psychoonkologin. Deswegen habe ich mir in den Modulen Expert*innen dazugeholt. Wir können grundlegende Informationen geben und lotsen. Nur habe ich über die Jahre gemerkt, dass es schwierig ist Lotse zu sein, ohne etwas zu den Themen sagen zu können, weil man sonst viele Patient*inne gar nicht erreicht. Wenn ich selbst nicht sagen kann, warum Ernährung wichtig ist, kann ich das nicht richtig gut an Patient*innen weitergeben.

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"Der Kurs ist eher etwas für Patient*innen am Beginn einer Krebserkrankung und -therapie, wenn man anfängt sich mit den Themen zu befassen. "

Für wen ist der Kurs?

Der Kurs ist eher etwas für Patient*innen am Beginn einer Krebserkrankung und -therapie, wenn man anfängt sich mit den Themen zu befassen. Es kommt sehr darauf an, womit Patient*innen kommen. Letztens hatte ich eine Patientin, die kurz vor der Therapie stand und bei ihr waren ganz viele Fragen im Kopf, wie: „Darf ich jetzt eigentlich noch Milch trinken?“ oder „Wie ist das jetzt mit dem Zucker?“. Die haben wir erstmal geklärt, um Sicherheit zu bekommen und das ist auch das, was dieser Kurs vermittelt.

Sind die Informationen auf eine bestimmte Therapieform zugeschnitten?

Am ehesten ist der Kurs für Patient*innen mit einer Chemotherapie geeignet, zumindest vom Nebenwirkungsspektrum her. Zum Beispiel ist die Mangelernährung ein großes Thema im Ernährungsmodul im Kurs. Grundsätzlich sind die Informationen, die im Kurs behandelt werden, aber bei anderen Therapieformen genauso hilfreich. Beim Bewegungsteil mache ich darauf aufmerksam, wo Grenzen sind, zum Beispiel wenn Operationen anstehen oder Bestrahlungen. Dann ist das immer mit den Ärzt*innen abzusprechen.

Icon Computer

 "Ergänzend zu jedem Modul, gibt es Videos mit Anleitungen, die zeigen, wie die Umsetzung im Alltag aussehen kann."

Wie ist der Kurs aufgebaut?

Der Kurs ist in drei Themenmodule aufgeteilt: Ernährung, körperliche Aktivität und mentaler Ausgleich. Es wird keine Reihenfolge vorgegeben, in der die Module gemacht werden sollten. Beim Ernährungskurs bauen die 10 Videos allerdings aufeinander auf. Alle Videos befassen sich mit einem Thema und sind in sich abgeschlossen. Ergänzend zu jedem Modul, gibt es Videos mit Anleitungen, die zeigen, wie die Umsetzung im Alltag aussehen kann.

Kannst du da ein Beispiel nennen?

Zum Beispiel zum Thema „Mentale Balance“ gibt es Anregungen von meiner Kollegin Beate Preißler, die Achtsamkeitstrainerin ist. Oder beim Modul Körperliche Aktivität, macht der Bewegungstherapeut Alexander Koch Übungen, die man zuhause mitmachen kann. Beim Ernährungsteil gibt es als Zusatz ein großes E-Book mit Rezepten von meiner Kollegin Antje Behrendt, die Ernährungsberaterin ist. So kann man erst einmal ein Gespür für die verschiedenen Themen bekommen und was sie alles beinhalten. Oft dauert es ja länger, bis man einen Termin bei Expert*innen hat.

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 "Unser großes Ziel ist, dass der Kurs die Verunsicherung nimmt und ein Leitfaden für die Patient*innen wird."

Wie ordnest du den Kurs in die schon bestehenden Angebote für Patient*innen mit einer Krebserkrankung ein?

Der Kurs schlägt für Patient*innen eine Brücke und ist natürlich kein Ersatz für eine Ernährungs- oder eine psychoonkologische Therapie. Wir haben Selbstchecks in jedem Modul, wo man eigenständig überprüfen kann, was man gerade an sich bemerkt und wo man vielleicht Bedarf hat, sich noch einmal mit Ärzt*innen oder Expert*innen auszutauschen. Ich zeige auch in den Videos, wo man sich hinwenden kann. Das ist auch Ziel für den Kurs, das weiter auszubauen.

Wie meinst du das genau mit der „Brücke“ für Patient*innen?

Im Kurs kann das Individuelle nicht abgebildet werden, aber es kann auf bestimmte Themen aufmerksam gemacht werden: warum spielen Mangelernährung und Gewichtsverlust eine Rolle? Wie sollte Ernährung aussehen? Oder auch gerade dieser Zuckermythos, dass man sich nicht geißelt und auf irgendwas verzichtet, worauf man gar nicht verzichten muss. Es gilt erstmal ein bisschen Druck rauszunehmen, das ist sicherlich der Grundtenor. Für alles, was dann individuell ist, sollte man zu entsprechenden Berater*innen gehen, die da weiterhelfen können.

Wer hat alles an dem Kurs mitgewirkt?

Zunächst habe ich mit Patient*innen gesprochen, was für sie zu Beginn relevant war. Da haben sich ein paar wiederkehrende Themen ergeben, obwohl mir ist auch nochmal klar geworden, dass jede*r anders an die Sache herangeht. Nachdem der Kurs stand, habe ich den Teilnehmer*innen der ersten Umfrage einen Zugang geschickt, damit sie sich einloggen können und habe auch schon Feedback bekommen, da war ich sehr erfreut: es hilft, dass sie sagen, dass sie sich gefreut hätten, wenn es das schon früher gegeben hätte. Dann hatte ich noch die Expert*innen, die mir bei den Inhalten geholfen haben, das war sehr wichtig.

Wie soll es mit dem Kurs weitergehen?

Ich würde mir wünschen, dass jeden Monat ein paar neue Patient*innen den Weg zum Kurs finden und irgendwann regelmäßig 10-20 Patient*innen teilnehmen. Dass sich daraus eine Gruppe aufbaut, mit der man sich ein- oder zweimal pro Monat online trifft und Themen nochmal aufbereitet. So ergibt sich ein Austausch, der es uns erlaubt den Kurs weiterzuentwickeln und den Teilnehmer*innen hilft sich vernetzt zu fühlen. Unser großes Ziel ist, dass der Kurs die Verunsicherung nimmt und ein Leitfaden für die Patient*innen wird. Sie sollen danach wissen, was wirklich zu tun ist, um gut durch die Therapie zu kommen.

 

° Anmerkung der Redaktion

Kurz und kompakt

  • Wo: die Anmeldung für den Kurs gibt es auf der Website der Mediosapotheke.
  • Für wen: Menschen am Beginn und während einer Krebstherapie, die selbst aktiv werden möchten
  • Was: Inhalte zu Ernährung, körperlicher Aktivität und mentalem Ausgleich bei Krebs
  • Wer: Anna-Lena Becker von der MediosApotheke und eingeladene Expert*innen
  • Kosten: z.Z. 49 Euro
  • Bei Fragen: gerne anrufen unter 030 257 620 58 508 oder e-mailen fa-onkologie@mediosapotheke.de
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Zuletzt geändert am: 24.06.2024
Autor: Redaktion StärkergegenKrebs

Dr.sc.med. Violet Handtke

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