Welche Hilfe hattest du bei deiner eigenen Erkrankung?
Ich hatte damals durch meine Ausbildung als ehrenamtliche Mitarbeiterin fachlich sehr versierte Menschen an meiner Seite. Auch gab es in meinem privaten Umfeld insgesamt viele nicht erkrankte Menschen, deren Freundschaft und Unterstützung wichtig waren. Ich habe mir aber trotzdem gleich nach der Diagnose Menschen gesucht, die selbst erkrankt waren, und zwar nicht an irgendwas, sondern wirklich an meinem Krebs. Ich habe sie in virtuellen Foren gefunden und habe mit Einzelnen persönlichen Kontakt aufgenommen, telefoniert und einige auch getroffen. Mir hat es tatsächlich damals sehr geholfen, Menschen zu haben, die schon weiter in dieser Erkrankung waren, die Therapien, die mir noch bevorstanden, schon abgeschlossen hatten und mir ein bisschen davon berichten konnten, wie sich das anfühlt, worauf ich achten kann, was auf mich zukommt, in welchen Abfolgen was stattfinden könnte oder jemanden zu haben, den ich einfach fragen konnte: „Ging dir das damals eigentlich auch so? Was hast du dagegen gemacht?“ Es tut gut zu erfahren, dass auch die ungewöhnlichsten Empfindungen ganz normal sind und von anderen geteilt werden. Dadurch hatte ich ein gutes Umfeld, weil es so gemischt war, aus selbst Betroffenen, aber auch aus Menschen, die nicht betroffen waren, aber sich getraut haben an meiner Seite zu bleiben.
Was war der Vorteil an so einem „gemischten Umfeld“?
Ich habe in diesen Tagen erlebt, wie unterstützend andere Menschen sein können, weil ich mich plötzlich wieder an etwas orientieren konnte. So eine Diagnose, das ging damals mir zumindest so, setzt alles, was bisher war, erstmal zurück. Es ist von einem Moment auf den anderen alles anders und die alten Regeln und Sicherheiten gelten einfach nicht mehr: Das Vertrauen in den eigenen Körper, die Zuversicht, die Selbstgewissheit, dass schon alles gut werden wird, sind in höchstem Maße erschüttert bei so einer Erkrankung. Ich habe tatsächlich eine ganze Weile gebraucht, bis ich wieder an den Punkt kam, sagen zu können: „Okay, ich gehe jetzt diesen Weg und ich komme auch hinten irgendwo an.“
Wieso waren selbst Betroffene dabei so wichtig?
Eine Orientierung haben mir tatsächlich Menschen geben können, die diesen Weg einfach schon gegangen waren, also die entweder ganz am Ende der Therapie, seit vielen Jahren schon wieder gesund oder Menschen, die schon ein Jahr weiter waren und mir sagten: „Ja, vor einem Jahr, ging es mir ganz genauso wie dir“ oder die Dinge zu mir gesagt haben, wie: „Wenn die Therapie erst einmal beginnt, wirst du merken, es lichtet sich wieder in deinem Kopf“. Solche Aussagen wurden zu Zielmarken für mich.
Wie meinst du das?
Die schlimmste Phase ist die Diagnostik, wo du in der Luft hängst, weil noch nichts gegen den Krebs unternommen wird und viele Ungewissheiten im Raum stehen. Es ist zu diesem Zeitpunkt völlig offen, ob der Krebs lokal begrenzt ist, bereits gestreut hat und was für eine Behandlung möglich ist. Genauso unklar ist die eigene Prognose und deshalb erwartet man ohnmächtig die Ergebnisse der weitergehenden Untersuchungen. Man ist mit vielen Ängsten konfrontiert und auch ich habe gezittert, hatte aber die Hoffnung, dass es dann, wenn die Therapie anfängt, wirklich besser wird. Ich hoffte, dass ich dann wieder halbwegs klar denken, schlafen und essen könnte. Das hatten die vor mir Erkrankten ja versprochen und es war tatsächlich so. Nicht nur bei mir, sondern ich habe das inzwischen bei vielen anderen Erkrankten miterleben können. Ich habe gemerkt, dass diese Unterstützung gut für mich war und ich wollte auch etwas zurückgeben.